Sonntag, 7. Februar 2016


Heilmittel Sehnsucht
Teil 10:

Im letzten Teil haben wir die heilsamen Wirkungen von Begeisterung kennen gelernt und festgestellt, dass Begeisterung für (kleinere) Kinder meistens  selbstverständlich ist. Meine Frage am Ende lautete:
Nur wie schaffen wir es, diese Begeisterung zurück zu gewinnen?

Die Antwort Gerald Hüters darauf lautet: Bedeutsamkeit

Etwas, das uns begeistern kann, muss für uns eine besondere Bedeutung haben.
Das mag simpel klingen, ist es aber keineswegs, denn es gibt so viele Fallstricke.
Und um es noch etwas komplizierter klingen zu lassen: Es ist kaum möglich, 
eine wirkliche Sehnsucht nach dem bedeutenden Lebensinhalt  mit Erfolg zu suchen, wohl aber die Voraussetzungen zu schaffen, sie zu finden! Erkennen Sie den Unterschied?
Es geht eigentlich weniger um ein Tun, als um eine Haltung, mit der man diese Voraussetzungen schaffen kann.
Und schließlich gibt es untrügliche Zeichen dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Bevor  wir uns damit beschäftigen, möchte ich Sie zunächst auf einen lohnenden „Abstecher“ (keinen Umweg!) leiten.
Um uns und unserer wirklichen Sehnsucht auf die Spur zu kommen, ist es nützlich, sich ein paar ehrliche Fragen zu stellen. Ich möchte mit Ihnen sozusagen eine Standortbestimmung vornehmen.
·      Wo in Ihrem Leben stehen Sie aktuell?
·      Wie leben Sie eigentlich Ihr Leben?
·      Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Sie Ihr Leben so leben, wie Sie es tun? Haben Sie sich überhaupt schon einmal bewusst gemacht,
wie Sie wirklich leben? Oder ob Sie vielleicht eher „gelebt werden?“
Aber eins nach dem anderen:
Mit „Standortbestimmung“, also wo Sie in Ihrem Leben stehen, meine ich Folgendes:
Leben Sie, wo Sie gerne leben möchten? In dem Land, der Stadt, der Wohnung?
In welchem Umfeld leben Sie? Leben Sie mit den Menschen, die Sie gerne um sich haben?
Machen Sie eine Arbeit, die Sie gerne machen oder in der Sie zumindest einen Sinn sehen?
Schon wieder so viele Fragen....
Ich möchte Sie nicht provozieren (noch nicht), sondern Ihnen zeigen, was ich mit Bewusstsein meine. Wenn Sie sich diese Fragen nicht oder lange nicht mehr gestellt haben, leben Sie vermutlich nicht bewusst.
Was ist überhaupt Bewusstsein?
Laut Wikipedia leitet sich der Begriff unter anderem ab von „Mitwissen“ und meint soviel wie das „Erleben mentaler Zustände“
Ich würde es erklären als die gleichzeitige Wahrnehmung von etwas, dass Sie tun, denken, erleben usw. Es geht also  darum, während man etwas tut oder sieht, hört, riecht, schmeckt, gleichzeitig wahrzunehmen, also sich klar darüber zu sein, was und wie man gerade "erlebt".
Es ist, wie wenn wir ein Beobachter unserer Selbst wären, der "sieht", was wir gerade erleben. Aber Achtung: Bitte verwechseln Sie dies nicht mit Kontrolle unseres Selbst. Kontrolle will verändern, unterdrücken, bestimmen. Beobachtung nimmt "einfach nur" wahr (und das ist eben nicht einfach!), ohne zu beurteilen.
Wenn man sich das Gegenteil vor Augen führt, nämlich nicht zu erleben, zu spüren, was man (oder warum) tut, denkt usw., können wir uns den Unterschied vorstellen: Dies wäre dann ein Leben nach dem berühmten „Autopiloten“.
Was ist ein Autopilot? Ganz einfach gesagt: Mit einem Autopiloten sitzen nicht Sie selbst am Steuer, sondern ein Computer. Das wäre dann das, was ich meine, wenn ich von „gelebt werden“ spreche.
Sicher werden nun viele Leser einwenden, dass dies alles schöne Theorie und im "wahren Leben" gar nicht einfach umzusetzen ist. Weil wir ja so viele Verpflichtungen haben. Und existenzielle Zwänge usw. 
Das stimmt natürlich und deshalb werden wir uns nächstes Mal mit genau diesen "Zwängen" auseinander setzen und anderen Gründen, die dazu führen, dass wir häufig  nicht bewusst leben. Außerdem werden wir uns mit dem Begriff Persönlichkeit und Rollenverständnis befassen.

Bis dahin wünsche ich Ihnen eine schöne und „schön bewusste“ Woche!

Montag, 1. Februar 2016


Heilmittel Sehnsucht
Teil 9

„Begeisterung und Sehnsucht sind Sprit, Anlasser und Schmiermittel für Deinen Lebensmotor“

Meine Frage am Ende des letzten Teils lautete: “Was ist Dir soviel wert, dass es sich lohnt, dafür um Deine Gesundheit zu kämpfen?“
Es ist – ganz bewusst so gestellt – eine provokante Frage. Müssen wir wirklich kämpfen? Tun wir das nicht schon viel zu viel um einen guten Job, für die „Karriere“, eine bessere Zukunft, oder was auch immer?
In der Tat!
Und ich meine auch nicht, dass wir kämpfen sollen.
Aber die Vorstellung davon hilft uns eventuell, etwas zu finden, dass eine so große Kraft hat, dass wir dafür auch kämpfen würden.
Etwas, dass unserem Leben nicht irgend einen, sondern den Sinn gibt, den es braucht, um zu einem wirklichen Leben zu werden.
Etwas, das, wenn wir es gefunden haben, uns das Gefühl gibt, dass wir unser Leben mit Begeisterung und selbst leben, anstatt gelebt zu werden.
Begeisterung ist das Fachgebiet - vielleicht kann ich in diesem Falle sagen ein Lieblingsthema – von Gerald Hüter.

Er ist Hirnforscher und hat sich sehr viel damit beschäftigt, welche Wirkungen es
im menschlichen Körper hat, wenn wir uns für etwas begeistern.
Seine Forschungen haben erstaunliche Ergebnisse gehabt:

Jedes Mal, wenn wir uns für etwas begeistern, werden emotionale Zentren im Gehirn aktiviert. Als Folge dieser Aktivierung kommt er zur Ausschüttung einer komplexen Mischung bestimmter Botenstoffe, die wiederum zu einer verstärkten Produktion von bestimmten Eiweißstoffen führen. Diese wiederum werden benötigt für das Wachstum neuer Nervenfortsätze, neuer Kontakte und  der Stabilisierung von solchen Verknüpfungen, die zu Problemlösungen und der Bewältigung besonderer Herausforderungen gebraucht werden.
Das ist der Grund dafür, dass wir bei all dem, was wir mit Begeisterung tun so schnell und müheloser immer besser werden:
Es kommt zu einer Art Dopingschleife, also einem sich selbst verstärkenden Kreislauf:
Begeisterung führt zu mehr Produktion bestimmter Stoffe, das wiederum zu schnelleren Erfolgen, was naturgemäß unsere Begeisterung für das, was wir gerade mit Erfolg tun, noch stärker ankurbelt.

Begeisterung verleiht also Flügel!

Das Gehirn entwickelt sich also in die Richtung der Themen und Bereiche, die wir mit Begeisterung ausüben.
Ist das nicht eine wahrlich begeisternde Möglichkeit, uns  und unserer (nicht nur geistigen!) Gesundheit viel Gutes zu tun und uns dabei gut zu fühlen?!

Deshalb ist es unglaublich wirkungsvoll, sich die Begeisterung zu bewahren, die für Kinder so selbstverständlich ist:
Sie begeistern sich 20-50x mehr pro Tag, als ein Erwachsener.

Wie oft begeistern Sie sich so richtig?
Einmal pro Tag? Pro Woche? Pro Monat?

Wir sollten uns einladen, ermutigen und inspirieren lassen, die Welt noch einmal so zu betrachten, wie damals, als wir noch Kinder waren: Mit all der Entdeckerfreude und Gestaltungslust, die als Anreiz und Dünger für das eigene Hirn gebraucht werden.

Nur wie schaffen wir es, diese Begeisterung zurück zu gewinnen?

Mit dieser Frage werden wir uns im nächsten Teil beschäftigen.
Bis dahin wünsche ich Ihnen eine begeisternde Woche!

Sonntag, 10. Januar 2016


Heilmittel Sehnsucht Teil 8

„Wofür willst Du gesund werden?“

Im letzten Beitrag habe ich Ihnen die Biographie Viktor Frankls vorgestellt, weil ich finde, dass sie ein beeindruckendes Beispiel dafür ist, wie viel Energie es freisetzen kann, zu wissen, wofür es sich lohnt, zu kämpfen. Dabei ist es unbedeutend, ob wir uns in schwierigen Lebenssituationen befinden oder gegen eine (lebensbedrohliche) Krankheit kämpfen.
Ich erlebe häufig, dass Menschen mit diesen Situationen und ihren Schicksalen hadern, sich fragen, wie es dazu kommen konnte.
Während dieses Haderns geht es oft um die Frage der Schuld. Schuld-Zuweisungen, wie: „Mein Arzt hat einen Fehler gemacht“, sind nicht selten. Oder wir fühlen uns selbst - bewusst oder unbewusst – schuldig.
Dann fragen wir uns z.B. „Warum gerade ich? Womit habe ich das verdient?“ Oder: „Was habe ich falsch gemacht?“
Ich glaube, dass dieser Blick rückwärts uns selten hilft. Manchmal ist es gut, etwas zu verstehen, um weiter gehen zu können. Dies sollten wir aber frei von Bewertungen und Verurteilungen tun. Das Thema der „Schuld“ ist ein sehr komplexes und könnte einen Blog für sich füllen. Ich werde später etwas darüber schreiben.
Im Moment möchte ich Ihren Blick nach vorne richten.
Ich stelle immer die Frage:
„Wofür willst Du gesund werden?“
Wenn ich Menschen diese Frage stelle, bekomme ich oft erstaunte Gegenfragen,
wie z.B.: “Warum nicht?“ Oder: Es ist doch angenehmer, keine Schmerzen zu haben? Oder: Keine Geldsorgen“ usw.
Eigentlich wollte ich heute über die Forschungen Gerald Hüters zu Begeisterung schreiben.
Nun scheint es mir aber sinnvoller, Sie mit dieser Frage allein zu lassen:
Wofür willst Du gesund werden?
Wofür lohnt es sich, zu kämpfen? Wofür (ge)brauchst Du Deine Gesundheit?
Oder aber auch:
Was kannst Du tun, wenn Du gesund bist, was Du jetzt nicht kannst?
Was ist Dir so viel wert, dass es lohnt, dafür um Deine Gesundheit zu kämpfen?

Das könnte z.B. ein Thema für die tägliche Morgen-Meditation sein; oder für ein Bild, dass sie malen, oder ein Thema beim Tagebuch schreiben....

Wenn Sie Ihre ganz persönliche Antwort auf diese Frage gefunden haben, schreiben sie mir doch. Ich bin gespannt, wie ein Flitzebogen und wünsche Ihnen viel Freude auf der Reise zu möglichen Antworten.
Bis nächste Woche

Montag, 4. Januar 2016


Heilmittel Sehnsucht Teil 7

Wofür willst Du gesund werden?

Wer keinen Mut hat zum Träumen, hat auch keine Kraft zum Kämpfen
Weisheit aus Afrika

Für besonders schwierige oder lebensbedrohliche Situationen, könnte man auch fragen:
„Wofür willst Du überleben“?
Ob es um ein Gesund werden geht oder um das "nackte Überleben": In jedem Falle ist sehr viel Energie notwendig. Kämpfen gehört genauso zum Leben dazu, wie Essen, Schlafen oder andere Grundbedürfnisse.
Welche Rolle dabei eine Vision spielen kann, das lässt sich an der beeindruckenden Biographie Viktor Frankls sehr anschaulich verstehen:
Er war Arzt und hat zur Zeit des dritten Reiches in Wien gelebt.

1940 wurde er Leiter der neurologischen Abteilung des Rothschild-Krankenhauses, dem einzigen Krankenhaus für Juden im Wien der Nazizeit.
Er erstellte falsche Diagnosen für seine Patienten, um die neuen Euthanasiebestimmungen für psychisch Kranke zu umgehen.
Während dieser Phase arbeitete er sein Manuskript "Ärztliche Seelsorge" aus.
1942 heiratete er, doch im September wurden er, seine Frau, sein Vater, seine Mutter und sein Bruder verhaftet und in das Konzentrationslager Theresienstadt in Böhmen gebracht.
Sein Vater verhungerte und starb.
Seine Mutter und sein Bruder wurden 1944 in Auschwitz ermordet.
Seine Frau starb 1945 in Bergen-Belsen.
Nur seine Schwester Stella überlebte, nachdem es ihr gelungen war, kurz zuvor noch nach Australien zu emigrieren.

Als man ihn nach Auschwitz deportierte, wurde das für ihn so wichtige Manuskript  entdeckt und zerstört.
Seine Sehnsucht, das Werk zu vollenden, und seine Hoffnungen, seine Frau und seine Familie irgendwann wiederzufinden, sorgten dafür, dass er in einer ansonsten hoffnungslosen Situation seine Hoffnung behielt.
Nach zwei weiteren Deportationen zu zwei weiteren Konzentrationslagern erkrankte Frankl schließlich an Typhus. Er hielt sich wach, indem er sein Manuskript auf gestohlenen Papierfetzen zu rekonstruieren versuchte.

Und während der gesamten Zerreißprobe konnte er nicht anders, als zu erkennen, dass unter denen, die eine Chance zu überleben hatten, jene ihr Leiden am wahrscheinlichsten überleben würden, die sich an eine Zukunftsvision hielten – sei es eine bedeutsame Aufgabe, die vor ihnen liegt oder die Aussicht auf Rückkehr zu den Menschen, die sie lieben.

Im April 1945 wurde Frankls Lager befreit und er kehrte nach Wien zurück, um dort vom Tod derer, zu erfahren, die er so sehr liebte.

Obwohl er beinahe daran zerbrach und sehr allein da stand, wurde er Vorstand der Wiener Neurologischen Poliklinik – eine Position, die er 25 Jahre lang innehaben würde.

Schließlich rekonstruierte er sein Buch und veröffentlichte es, woraufhin er einen Lehrauftrag an der medizinischen Hochschule Wien erhielt. In nur neun Tagen diktierte er ein weiteres Buch: "Trotzdem Ja zum Leben sagen..- Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager").
Noch vor seinem Tod wurden über 9 Millionen Exemplare verkauft,
5 Millionen allein in den USA (Titel: Man’s Search for Meaning)!

Die Geschichte spricht für sich. Ich finde, sie kann große Motivation sein, die eigene Vision zu finden und zu leben.

Für heute lasse ich sie deshalb für sich so stehen und Sie auch damit allein, damit Sie sie auf sich wirken lassen können.

Beim nächsten Mal werden wir uns mit wahrlich begeisternden medizinischen Forschungen beschäftigen.

Ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Jahresbeginn und den Schwung des neunen Jahres, einen neuen Anfang auch in einem Teil Ihres Lebens zu schaffen.