Heilmittel Sehnsucht
Teil 3:
Fortsetzung: Was ist Sehnsucht?
Im letzten Beitrag haben wir uns mit der „dunklen“ Seite der
Sehnsucht befasst:
Damit, dass es sich hoffnungslos, melancholisch, verzweifelt
anfühlen kann, wenn man das Gefühl hat, dass die Sehnsucht unerfüllt bleibt.
Und natürlich würde ich diesem Thema nicht so viel Aufmerksamkeit schenken,
wenn Sehnsucht nur diese eine „dunkle“ Seite hätte. Natürlich gibt es – wie bei
allen anderen Dingen in unserer polaren Welt - auch die andere Seite.
Und so sagte Otto Runge einmal:
„Die innere brennende Sehnsucht ist der Quell, woraus alle meine Kraft,
alles, was ich hervorbringe, entsteht; Ohne diese Sehnsucht bin ich nichts, als
ein unbesaitetes Instrument.“
Philipp Otto Runge, 1802/
Otto Runge, Briefe und
Schriften. S.5. Henschelverlag Kunst
und Gesellschaft, Berlin, 1983
Ohne Sehnsucht fühlt er sich also „unbesaitet“.
Was meint er genau damit? Ein Instrument ohne Saiten kann ja
keine Musik machen. Da
dies aber seine Bestimmung ist, müssen Saiten aufgezogen
werden, damit es seinen
„Lebenszweck“ erfüllen kann.
Vielleicht sind auch wir Menschen – mindestens zum
Zeitpunkt unserer Geburt – noch
unbesaitet. Die
„richtigen“ Saiten zu finden, die zu unserem Instrument passen, ist nicht
immer leicht. Wir sind alle von Anfang an aus einem
„bestimmten Holz“ geschnitzt, also
für eine bestimmte Art von Instrument vorgesehen.
Die „hardware“ wurde uns schon mitgegeben, mit verschiedenen
Eigenschaften, wie
z.B., ob wir als kleines oder großes, Blas-/ oder
Zupfinstrument „gedacht“ sind.
Dazu schreibe ich später mehr.
Die Sehnsucht hat also auch etwas, dass uns nach vorne
schauen lässt, solange wir
die Hoffnung haben, das zu erreichen, wonach wir uns sehnen.
Es gibt also auch eine
„helle “ Seite.
„Gott schuf die Sehnsucht nach dem Ziel, um uns auf den Weg zu locken“
sagt Christina Brudereck, (deutsche Diplom-Theologin , lebt im Sauerland)
Dies hört sich ganz anders an, als die Zitate über die
„dunkle“ Seite der Sehnsucht.
Diese „helle“ Seite der Sehnsucht fühlt sich ähnlich wie
Vorfreude an.
Sie zeigt, wo unser Weg uns hin führen kann, gibt eine
Vorschau dessen, was uns erwartet. wenn wir ihn gehen. Sie hilft uns auch, auf
dem Weg zu bleiben, obwohl wir mit Hindernissen konfrontiert werden, weil sie
die Funktion einer Zugkraft hat, die starker emotionaler und deshalb motivierender Natur ist.
Ein Ziel, dass "vernünftig" ist, also stärker von
unserem Verstand bestimmt wird, hat nicht die gleiche Kraft. Um ein solches Ziel zu verfolgen, brauchen wir
einen starken Willen. Es erscheint mir sinnvoll, sich in diesem Fall zu fragen,
welches seine Motivation ist.
Ein Ziel, das von unserem Herzen, bzw. letztendlich von
unserer Seele angesteuert wird, lässt sich schwer unterdrücken, wenn wir es uns
erst einmal bewusst gemacht haben.
Gefühle, die wir in Verbindung mit Ausdrücken wie z.B.:
„brennende“ Sehnsucht oder „im Grunde meines Herzens“ haben, machen das deutlich.
Einen scheinbar neuen
Aspekt finden wir in einem Zitat von Andreas Müller -
einem Astro-Physiker. Der sagt über sein Forschungsgebiet:
„Die Beobachtung des
Himmels .... in diesem Sinne eine Vorstufe der Erkenntnis, eine
Wahrnehmung, die uns uns selbst näher bringt...“
Ist das nicht interessant?
Die einen sprechen von göttlicher Nähe, die anderen von
einer Nähe zu sich selbst!
Ist es nicht für viele Menschen ein Widerspruch, „sich
selbst nah zu sein“ und wird oft
mit Egoismus gleich gesetzt????
Streben wir nicht oft
- gerade im religiösen Kontext - nach Askese und Bescheidenheit,
wenn es um unsere eigenen Bedürfnisse geht?
Weiter sagt Andreas. Müller über den Sternenhimmel:
„Es ist ein sehr emotionales Erlebnis zwischen Faszination
und Melancholie. Der Betrachter der Sterne gerät schnell ins Träumen, in’s
Phantasieren, ins Philosophieren.
Plötzlich findet man sich in einem philosophischen Diskurs,
wo gleichsam die Urfragen der Menschheit gestellt werden:
Woher kommen wir? Wohin gehen wir? ....“
Diese „Urfragen“ können wir auch auf unser irdisches Leben
übertragen:
Woher kommen wir, wohin gehen wir während wir hier auf der
Erde leben?
Und weiter abgewandelt: Wohin führt uns unsere Sehnsucht?
Fazit aus der ersten
Frage: Was ist Sehnsucht?
- Der innige Wunsch nach etwas, das wir im Moment nicht haben
- Der Wunsch nach mehr Nähe zu Gott
- Der Wunsch nach mehr Nähe zu sich selbst
- Die Antwort auf die „Urfragen: Woher komme ich – wohin gehe ich?
Im nächsten Beitrag geht es dann um die Frage des „Warum“:
Warum könnte es sich lohnen, uns auf den Weg zu machen,
unsere Sehnsucht zu erkunden?
Gibt es gar einen tieferen Sinn?
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