Montag, 23. November 2015


„O, ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt, ein Bettler, wenn er nachdenkt...“ 
Friedrich Hölderlin (1770-1843)

Heilmittel Sehnsucht Teil 2

Was ist Sehnsucht?


Sehnsucht kennt sicher jeder Mensch in der einen oder anderen Form.
Das Wort kam bei der Wahl des schönsten deutschen Wortes auf Platz 3!
Wir sehnen und also anscheinend gerne, empfinden es als schön.
Wir sehen die ersten wärmenden Sonnenstrahlen im Frühling ebenso herbei, wie
eine heiße, duftende Tasse Cappucchino nach einen anstrengenden Arbeitstag oder den Duft einer Rose, die wir erblicken.
Oder – und vielleicht es das, was die meisten von uns als Erstes mit Sehnsucht verbinden – nach einem geliebten Menschen.
Entscheidend dabei ist:
Wir sehen etwas herbei, dass wir im Moment nicht haben.
Viele verbinden damit auch den Wunsch oder zitieren das Bild vom berühmten Prinzen auf dem weißen Pferd.
Der hat tatsächlich mehr auch mit der Art von Sehnsucht zu tun, mit der wir uns in der nächsten Zeit beschäftigen werden, auch wenn er häufig eher auf einer Schildkröte zu kommen scheint, weil es so lange dauert...
Wenn wir uns mit unserer Sehnsucht befassen, können wir viel über uns erfahren oder anders herum: Wir müssen uns kennen lernen, wenn wir unseren (oft verborgenen) Sehnsüchten auf die Spur kommen wollen. Ebenso spannend ist, dabei etwas über die Gründe zu erfahren, weshalb wir so oft nicht unsere Sehnsüchte leben, sondern vielleicht geradezu das Gegenteil.
Neben dem Prinzen ist der nächtliche Sternenhimmel für viele ein Sinnbild, wie auch ein Verstärker des Gefühls Sehnsucht.
Und wie oft sehen wir Liebende sich den Sternenhimmel anschauen oder stehen auch selbst sehnsüchtig da.
Aber wissen wir eigentlich, wonach genau wir uns sehnen? Oder ist es eher ein unbestimmtes Gefühl, wenn wir uns die Sterne anschauen?

Auch Vincent van Gogh war anscheinend fasziniert vom Sternenhimmel.
Sein Bild: „Sternenhimmel“ wird häufig als religiöse Sehnsucht verstanden.
Die Interpretation steht im Zusammenhang mit einem Brief an seinen Bruder, in dem van Gogh schrieb, er habe die Absicht, „schwierige Szenen aus dem Leben“ zu malen.
Und weiter: „Dies hält mich nicht davon ab, ein unbändiges Verlangen nach – soll ich das Wort sagen? – nach Religion zu haben. Dann gehe ich in die Nacht hinaus, um die Sterne zu malen.“
 
Er stellt eine Verbindung her zwischen seiner Sehnsucht nach etwas Spirituellem
und dem Sternenhimmel, hat also eine spirituelle Sehnsucht, die er anscheinend nicht
konkret benennen kann oder es sich nicht traut. Der Sternenhimmel spiegelt für ihn
diese Sehnsucht, wider, bringt ihm näher, was er nicht aussprechen kann.

Ein Dichter und Mystiker aus dem persischen Mittelalter, Farradudin Muhammed Attar
stellt ebenfalls  diese Verbindung her. Er schreibt in einem seiner Werke:
„Der Himmel hat aus Trauer darüber, dass er das Ziel seines Suchens, das Wesen
Gottes zu erkennen, nicht erreicht hat, die blaue Trauerfarbe angelegt“

Und Philipp Otto Runge sagte einmal:
„Blau ist die größte Entfernung zum Göttlichen...“
(Hoppe, G.: Blau die Farbe des Himmels. Heidelberg, Berlin 1999.)

Was hier deutlich wird, ist die dunkle Seite der Sehnsucht, also eine Eigenschaft, die sehr
schmerzhaft sein kann, wenn man das Gefühl hat, dass man Jenes, wonach man sich
sehnt, nicht erreichen kann.

Sollte das etwa alles sein, was uns die Sehnsucht „zu bieten hat“, wenn wir uns mit ihr
befassen?
Das können Sie im nächsten Teil dieses Beitrags lesen.

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